Sebastian Velour

 

Ich verstehe mich als Philosoph, denn das ist es was der Welt verloren ging. Es gibt vermutlich Menschen die diesen Posten besser bekleiden, nur tun sie es nicht.

 

Auf dem Weg die blaue Blume zu finden, fand ich die blaue Blume in der Tätigkeit des tun´s.

 

In meinen Werken, meist geistiger Natur, befasse ich mich mit Themen der Pädagogik, Psychologie sowie Soziologie und natürlich der Philosophie.

 

Vielleicht ist es Nichts, vielleicht nichts von Bedeutung, doch vielleicht ist mein tun ein Schritt empor in Richtung „Weiter“, in Richtung „richtiger“!

 

Doch dies zu beurteilen überlasse ich meinen Lesern.

 

 

 

S.

 



Literarische Selbstreflexion

 

Als Adoptivkind wurde ich im Alter von zwei Jahren in einen gut bürgerlichen/Mittelständigen Haushalt übergeben. Als Einzelkind zweier liebevoller Eltern verbrachte ich einen Großteil meiner Jugend gut behütet in einem ländlichen Teil Dortmunds mit Dorfcharakter. Ob abgesprochen oder Zufall, meine Spielkameraden der Kindertageseinrichtung sowie der Grundschule, eigentlich der ganzen Gemeinde waren in meinem Alter. Es hätten Bilderbuch ähnliche zustände sein können. Meine Familie war wie alle anderen Familien auch, festes und stark integrierter Bestandteil der dörflichen, katholischen Gemeinde. Denke ich in meine frühesten Erinnerungen hinein, so sehe ich die Welt als einen Platz voller Freude, Freunde und Liebe. In meiner Erinnerung ist immer Sommer, es sind immer Ferien und jeder Tag strotzt nur so von tollen Erfahrungen.

 

Denn genau das ist es, was passiert wenn man verdrängen muss. Fakt ist, ich hatte eine gute Kindheit, doch wog sie den Schmerz über Jahre nicht auf, den ich erst in akribischer Selbstreflexion zu verstehen vermochte. Schon im Kindergarten sorgte man sich über mein Verhalten. Rückblickend habe ich auch an diese Zeit nur gute Erinnerungen, allerdings wird bei der Stigmatisierung etwas wahres zu finden sein, etwas an das ich die Erinnerung verloren habe. Vielleicht weil ich durch die Augen eines Kleinkindes in die Vergangenheit sehe und den Bezug als Kind nicht sah. Die ersten realen Erinnerungen finde ich im Grundschulalter. Ich spreche von Realität im Sinne der Fähigkeiten Problematiken erkennen sowie Erwachsene und deren Sinnbilder verstehen zu können. Im Kleinkindalter kann der Erwachsene wer weiß was erzählen, was bleibt sind die Dinge für die man Interesse hatte und die man verstanden hat. Im Grundschulalter hingegen ist das Kind fähig differenziert zu denken. Schaue ich durch die Augen meines 6-10 Jährigen „Ichs“ , höre ich die Klagen und Tadel der Erwachsenen noch immer so wie ich sie eben in dem Alter hörte, doch diesmal kann ich sie als Erwachsener rückwirkend deuten und somit verwerten.

 

In der ersten Klasse der Grundschule war es dann soweit, man attestierte mir eindeutige Verhaltensauffälligkeit und eine starke Lernschwäche. Dies war Damals deutschlandweit zwar schon lange keine neue Erkenntnis in der Pädagogik, allerdings steckt die Pädagogik auf besagte Themen bezogen noch gegenwärtig in den Kinderschuhen. Zu meinem Pech lebte ich auch nicht irgendwo in Deutschland. Nein, ich wohnte in einem kleinen Kaff mit einer starken Gemeinde und ging mit unter anderem Akademikerkindern und sonstiger Bildungsschicht auf eine Schule. So etwas wie mich schien man noch nie gesehen zu haben. „Der Junge ist faul, konzentriert sich nicht, kann nicht still sitzen, stört den Klassenfrieden und noch dazu will er nichts lernen!“ Ist die Diagnose der Lehrkraft kurz vor dem zwanzigsten Jahrhundert. Heute geben besorgte Eltern Ritalin aus und überfordern ihr Kind mit Bildungsangeboten. Wer auch immer sei dank, haben sich meine Elten in Sachen Drogen nicht beeinflussen lassen. Allerdings ging es für mich prompt zurück in die Vorschule, zu Lernpädagogen, Eignungstests, Psychologen, Ergotherapeuten und Sozialtherapeuten, muss ja alles gecheckt sein. Ich verlor also ein Jahr und jeden Mut mich schulisch zu betätigen. Meine Freunde waren mitunter eine bis zwei Klassen über mir als ich das nächste mal die erste Klasse zu überstehen versuchte. Lange Geschichte Kurz: Die Lehrer waren überfordert und warum auch hätten sie auf mich warten sollen, die anderen konnten den Stoff doch verstehen. So bekam ich für alle Fächer in denen ich anders als die Anderen...ups, „schlechter“ als die Anderen war exklusiv Unterricht im Bastelraum mit einer externen Fachkraft. Man möge es vermuten können, schnell war ich von allen gleichaltrigen gekonnt separiert und abgestempelt als der Idiot der nicht versteht wie man schreibt, rechnet und spricht. In der Zweiten klasse kam dann am Rande bemerkt auch die Bestätigung seitens Eignungstest. Dyskalkulie, Legasthenie sowie ein gestörtes Sozialverhalten. Oh Wunder, der Schul-Troll ist auch sozial auffällig, ihm fällt es schwer Kontakte zu knüpfen...In Isolationshaft mit einem dicken „Idiot-Stempel“ auf der Stirn. Folglich verschlechterte sich mein Sozialverhalten tatsächlich, denn es gab schon eine ganz bestimmte Art der Anerkennung für die ich sehr geeignet war. Negative Aufmerksamkeit ist nämlich auch Aufmerksamkeit. Ganz zum Leidwesen meiner Eltern und ihrem Stand in der Gemeinde. Zuerst belehrte man meine Eltern wie man mich besser handhaben könnte, später distanzierten sie sich zunehmend von meiner Familie. Dies schleiß auch den Umgang mit deren Kindern und mir mit ein. Krampfhaft versuchten meine Eltern mir Mathe und Schrift ins Hirn zu fräsen. Ja, erinnere ich mich an die Momente an denen wir nach der Schule Stundenlang am Tisch saßen und sich aus der Küche die Radiolieder schon wiederholten seit dem wir begonnen haben, habe ich immer das Geräusch einer Fräse im Ohr. Ein Pädagoge dann endlich erbarmte sich eine vernünftige und reelle Zielsetzung für mich zu formulieren. „Zugegeben, es ist zu bezweifeln ihren Sohn auf allen Gebieten die Defizite auszuarbeiten, wir sollten uns daher für eines entscheiden und dieses Defizit primär angehen!“

 

Es war die Sprache! Sprache als Hauptthema für Sprachgebrauch, Schrift und Texterfassung.

 

Meiner Meinung nach die beste Wahl, Sozialverhalten und Mathe standen noch zur Auswahl. Doch mein Sozialverhalten, so wie es war würde ich später noch gut gebrauchen können. Nach der Schule lernte ich nun also entweder privat oder an zwei Tagen in der Woche in der Beratungsstelle DEUTSCH! Es stellte sich für alle Beteiligten für als sehr ermüdend und langwierig heraus doch der Grundstein wurde gelegt. Mit der Aussortierung seitens Grundschule in die Weiterführende Schule, welche man im Volksmunde „Klötzchen Aufbau“ nannte, hatte ich die Grundkenntnisse des Lesens und Schreibens verstanden. Verstanden habe ich allerdings auch sehr schnell nun das Gespött des Dorfes geworden zu sein. Ich und „Chicy“. Nein Chicy war nicht mein imaginärer Freund, dieser hieß Luftikus und der war irgendwann weg. Chicy war ein Nachbarsjunge, der ging allerdings auf eine andere Grundschule und wir hatten erst auf der Sonderschule Kontakt. Währen wir nicht beide „Doof“ gewesen, hätten wir „Dick“ und „Doof“ sein können und ich bin mir sicher diese Assoziation ist so manchem Lehrerkind gekommen als er uns in den Bus hat einsteigen sehen der in Richtung Lernbehinderten-Schule fuhr. Chicy war nun mein Jahrelanger Leidensgenosse, genauer von der sechsten bis zur neunten Klasse. Wir verbrachten viel Zeit zusammen und es war nicht so als hätten wir auf den Boden sabbernd nebeneinander gesessen und uns mit Lauten und klatschen verständigt. Aber dazu später. Die ersten Tage in der neuen Schule waren schrecklich. Wir wurden durchaus mit oben benannten Menschen in eine Klassenzimmer geworfen und holten alles auf was wir in der Grundschule verpassten. Benny, ein zwei Meter Berg mit der Hirnkapazität eines Kindergartenkindes hat, da sein Vater mit ihm gern Wrestling guckt, gleich in der ersten Woche seinen hageren Freund auf das Hupfband des Auenbereiches genommen und ihm gezeigt wie ein „Takedown“ funktioniert, während die Osteuropäer im Gebüsch gesoffen und die Südländer mit ihren Butterfly Messer gespielt haben. Nun standen wir da, der mittlerweile Langhaarige Möchtegern – Rocker und sein dicker Schatten, umrundet von Pseudo- kriminellen und Schwachsinnigen. Da half mir auch das Karneval Nieten-Armband nichts mehr, das ich seit letzten Jahres als ich als „Rocker“ gegangen bin nicht mehr auszog. Nein, Grundlegend war die Schule nicht schlecht, die Lehrer waren mitunter sehr gut, sie konnten nur all das was sie regelrecht an Schülern vorgesetzt bekamen im Leben nicht bändigen. Chicy und ich mogelten uns geschickt durch die verschiedenen Schüler-Ghettos hindurch und versuchten dem Stress weitestgehend aus dem Weg zu gehen.